Wie bringe ich mehr Achtsamkeit in meinen Alltag?

Eine Möglichkeit, sich daraus zu befreien und sich wieder besser zu fokussieren, ist die Methode der Achtsamkeit. Die Idee der Achtsamkeit stammt aus dem Buddhismus, heute wird sie jedoch vielfach in therapeutischen Zusammenhängen eingesetzt. Eine Definition dafür ist: Achtsamkeit bedeutet, bewusst wahrzunehmen, was im gegenwärtigen Moment passiert, ohne es zu bewerten. Die Gedanken, die unbewusst immer wieder zurück in die Vergangenheit oder in eine sorgenvolle Zukunft springen, werden angehalten, und wir richten unsere Aufmerksamkeit wieder stärker auf das, was tatsächlich da ist, und sind mitfühlender mit uns selbst.

Achtsamkeit bringt viele Vorteile mit sich: Grundlegend kann man sagen, dass sie hilft, uns von unliebsamen Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen (Gewohnheiten) zu distanzieren. Wir treten innerlich einen Schritt zurück und reagieren weniger überwältigt von bestimmten Situationen. Wir gehen mit uns selbst aufmerksamer um und indem wir uns weniger bewerten, behandeln wir uns selbst freundlicher. Nicht zuletzt werden wir freier, anders auf Situationen und Menschen zu reagieren, als wir es bisher gewohnt sind, wir können typische Verhaltensmuster durchbrechen, wenn wir es wollen.

Für mich gehört zum Weg der Achtsamkeit auch dazu, sich selbst immer wieder daran zu erinnern, kleine Schritte zu machen, vor allem, wenn wir etwas Neues lernen wollen oder wenn uns etwas herausfordert. Es lohnt sich, sich mehr mit der Methode der Achtsamkeit zu beschäftigen, mich interessiert jedoch besonders, wie sich Achtsamkeit leichter in den Alltag integrieren lässt. Die gute Nachricht ist: selbst kleine achtsame Momente können sehr viel Wirkung haben.

9 Schritte, um mehr Achtsamkeit in den Alltag zu bringen

1. Eine*n innere*n Beobachter*in installieren: Wenn wir anfangen, die Gegenwart bewusst nur wahrzunehmen, statt einzugreifen oder uns von unseren Gedanken und Gefühlen vereinnahmen zu lassen, können wir bemerken, dass es in uns eine Seite/eine Instanz gibt, die alles aufmerksam beobachtet, ohne mit den Erlebnissen „verstrickt“ zu sein. Diese Instanz können wir auch den oder die neutrale*n, wohlwollende*n Beobachter*in nennen. Sie sieht zum Beispiel unsere aktuelle Umgebung, die Bäume im Park, unseren Schreibtisch im Büro o.ä. und nimmt auch wahr, was gerade passiert, beispielsweise jemand lächelt uns an oder wir reagieren verärgert auf eine Bemerkung. Je häufiger du in den Beobachtermodus wechselst, desto häufiger kommt diese Seite zum Vorschein und dadurch entsteht bereits eine innere Distanzierung.

2. Den Atem beobachten: Meine Lieblingsmethode, um wieder in einen achtsamen Kontakt mit mir zu kommen, ist, für kurze Zeit meinen Atem zu beobachten. Denn bei der Methode der Achtsamkeit geht es auch darum, eine freundliche Beziehung zu sich selbst zu entwickeln. Drei oder vier Atemzüge lang nimmst du einfach nur wahr, wie du ein- und wieder ausatmest. Das klingt einfacher als es ist, denn wir sind es nicht gewohnt, mit unserer Aufmerksamkeit so konzentriert bei einer Sache zu bleiben. Es geht dabei nicht darum, etwas zu verändern oder zu verbessern, sondern wirklich nur wahrzunehmen. Wenn du merkst, dass du gedanklich abschweifst, lenke deine Aufmerksamkeit einfach wieder zurück auf den Atem.

3. Gefühle bewusst wahrnehmen: Schon eine kleine Herausforderung kann es sein, nicht gegen unsere Gefühle anzukämpfen oder sie vermeiden zu wollen, sondern sie „einfach“ nur zuzulassen und zu beobachten. Auch hier hilft wieder der/die innere Beobachter*in: Es geht darum, eine freundliche und neutrale innere Haltung einzunehmen und das aktuelle Gefühl interessiert zu untersuchen. Wie fühlt sich der Ärger/das Traurige in uns an? Wo nehmen wir es im Körper wahr? Ist es groß oder klein? Bewegt es sich oder ist starr? … Wenn wir uns Zeit nehmen, unsere Gefühle ein paar Momente lang zu erforschen, stellen wir oft fest, dass sie weniger bedrohlich werden. Wir nehmen eine Haltung der offenen Aufmerksamkeit ein und erleben dadurch auch, dass wir mehr sind, als unsere Gefühle („Ich kann meine Gefühle beobachten, also bin ich mehr als meine Gefühle“).

4. Den eigenen Körper wahrnehmen, scannen: Achtsamkeit ist eine absichtslose Praxis. Und so kann es eine achtsame Übung sein, eine kleine Zeit mit sich selbst zu verbringen und den eigenen Körper aufmerksam wahrzunehmen. Also: Alles aufmerksam beobachten, was gerade da ist, zum Beispiel ein Grummeln im Magen, ein Kribbeln in der linken Hand, den eigenen Herzschlag. Wird man aufmerksam auf den eigenen Körper, bemerkt man erst, wie viel eigentlich im Inneren „los ist“. Es führt dazu die Sinne von der Umgebung weg und wieder nach innen zu richten. Wer es gerne strukturierter mag, scannt die Teile des eigenen Körpers mit seiner Aufmerksamkeit langsam von unten nach oben (oder in die umgekehrte Richtung). Das bedeutet man lenkt die Aufmerksamkeit zunächst auf die Füße, dann die Unterbeine, die Knie… bis hin zum Kopf.

5. Eigene Bedürfnisse aufmerksam wahrnehmen. Im Alltag sind wir oft so mit unseren Aufgaben beschäftigt, dass unsere elementaren Bedürfnisse oft untergehen. Eine Möglichkeit, um gegenzulenken ist, sich die Frage anzugewöhnen: Was brauche ich gerade? Das können wir mehrmals am Tag tun oder auch besonders in Momenten, in denen wir merken, dass wir gestresst und belastet sind. Mögliche Antworten auf diese Frage können sein: Ein Glas Wasser, eine kurze Pause, mal wieder Atem holen, ein Telefonat mit einem*er guten Freund*in, mich kurz hinlegen und ausruhen, eine Umarmung… Welche kleine Sache kannst du in diesem Moment selbst tun, um dir ein Bedürfnis zu erfüllen – und dadurch aus dem Hamsterrad auszusteigen?

Was bedeutet eigentlich der Begriff „Co-Abhängigkeit“?

Wenn ein geliebter Mensch seelisch krank ist, beeinflusst das oft auch das Leben seiner Angehörigen. Die Krankheit belastet die Beziehung, die Angehörigen oder Partner*innen richten oft unbewusst ihre ganze Aufmerksamkeit auf die andere Person, sie machen sich abhängig von dessen Wohlbefinden oder Krankheitszustand und ordnen sich unter. Manchmal bis zu dem Punkt, an dem sie eigene Symptome entwickeln.

Der Begriff „Co-Abhängigkeit“ kann sich auf den Bereich der Suchterkrankungen beziehen: Alkoholismus oder andere Suchterkrankungen können dazu führen, dass die Lebensqualität der Partner*innen stark beeinträchtigt wird und sie selbst Anzeichen von Abhängigkeit entwickeln – indem sie die Suchterkrankung in den Mittelpunkt stellen und gleichsam zum „Mitgefangenem“ der Sucht werden.

Der Begriff lässt sich aber ebenso auf weitere Bereiche beziehen, wie z.B. Co-Depressionen oder Co-Abhängigkeit in Beziehungen. Vielleicht noch wichtig zu sagen: Co-Abhängigkeit ist keine Diagnose und soll nicht zur Schuldzuweisung dienen. Vielmehr kann der Begriff auf die Herausforderungen und Belastungen im Zusammenleben mit den Betroffenen aufmerksam machen.

Woran erkennt man nun Co-Abhängigkeit in diesen Bereichen und welche Schritte sind möglich, um sich daraus zu lösen?

Co-Abhängigkeit bei Sucht

Eine Suchterkrankung schränkt den Alltag der Betroffenen meist stark ein – und das betrifft oft auch den Alltag der Angehörigen, die in die Erkrankungen des nahestehenden Menschen quasi mitverstrickt sind. Stimmungsschwankungen und Verhaltensänderungen aufgrund der Sucht werden miterlebt und allzu oft wird man dabei mit seiner eigenen Hilflosigkeit konfrontiert. Um dem*der Partner*in zu helfen oder auch um das Zusammenleben weiterhin aufrechtzuerhalten, wählen Angehörige oft Strategien im Umgang mit der Erkrankung, die ihnen selbst schaden.

Sie versuchen, den Betroffenen vor den Folgen seiner Sucht zu beschützen, kümmern sich verstärkt um ihn oder sie, versuchen vielleicht, die Erkrankung vor anderen zu vertuschen und räumen hinter dem Suchtkranken auf. Auch der Versuch, Einfluss zu nehmen und das Suchtverhalten des anderen zu kontrollieren, verstärken die Co-Abhängigkeit, weil unterschätzt wird, dass eine Erkrankung nicht durch äußere Willenskraft überwunden werden kann. Bei ihren Bemühungen merken Co-Abhängige oft nicht, wie sehr sie selbst ihre Grenzen überschreiten und eigene Bedürfnisse und Gefühle vernachlässigen.

Co-Depressionen

Auch das Zusammenleben mit einem*er depressiven Partner*in kann eine Herausforderung sein. Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit oder Unverständnis für die Gefühle des anderen können die Beziehung belasten und den Eindruck hervorrufen, dass man vom anderen ausgeschlossen wird. Die eigene Stimmung wird vom anderen beeinflusst und gemeinsame Unternehmungen oder auch die Verantwortung für den gemeinsamen Alltag und die Familie können zeitweise vielleicht nicht gemeinsam getragen werden. Es besteht die Gefahr, dass man sich auseinanderlebt oder Situationen von Überforderung entstehen. Auch sinkender Lebensmut bei einem depressiven Menschen kann eine verstärkte Belastungssituation bedeuten.

Trägt jemand die Erkrankung eines*er Partner*in mit und erlebt, wie sich alles nur noch um die Krankheit dreht, ergeben dadurch immer mehr Belastungssituationen, kann es die Entstehung von Depressionen bei Angehörigen und Partner*innen begünstigen. Merkmale für eine Co-Depression können dabei sein: Trauer, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit; pessimistischer Blick in die Zukunft; zunehmende Isolierung von Freunden und Verwandten; Vernachlässigung von Hobbies und Aktivitäten; Gedanken kreisen fast ausschließlich um den*die Partner*in und seinen*ihren Zustand; körperliche Symptome wie Magen- oder Kopfschmerzen.

Co-Abhängigkeit in Beziehungen

Co-Abhängigkeit in Beziehungen ohne psychische Erkrankung ist ein Synonym für unausgeglichene Beziehungen, in denen sich ein*e Partner*in unverhältnismäßig an den*die andere bindet. Unbewusst befassen sich co-abhängige Menschen fast ausschließlich mit den Gedanken und Handlungen der anderen Person, der sie eine größere Bedeutung geben, als sich selbst. Mit der gesteigerten Aufmerksamkeit für den anderen geht der Kontakt zu sich selbst, zu den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen verloren. Eigene Grenzen werden überschritten oder es wird zugelassen, dass sie überschritten werden. Wünsche und Aktivitäten werden zugunsten der Wünsche des*der Partners*in zurückgeschraubt. Oft steht die Angst dahinter, den anderen zu verlieren, wenn man sich anders verhält bzw. sich zeigt, wie man ist (geringes Selbstwertgefühl).

Häufiges Anzeichen ist eine emotionale Abhängigkeit, das Gefühl, ohne die Liebe und Bestätigung der anderen Person nicht auskommen zu können. Einerseits gibt die Person dem*der Partnerin die Macht darüber zu bestimmen, wie frei, liebenswert und toll sie ist, andererseits übernimmt sie meist die ganze Verantwortung für die Beziehung und die Gefühle der anderen Person und fühlt sich schuldig, wenn etwas nicht gut läuft. Ein gewisses Maß an Abhängigkeit gehört in Beziehungen dazu, werden aber regelmäßig eigene Vorlieben und Gefühle unterdrückt und zurückgehalten, sollte man sich zumindest nach den Gründen fragen.

Wege aus der Co-Abhängigkeit

Je nachdem wie stark das co-abhängige Verhalten ausgeprägt ist (wie stark die Einschränkung ist), kann es leichter oder schwieriger sein, sich daraus zu befreien. Unter Umständen ist es sinnvoll, sich von einem Coach oder einem*er Therapeut*in unterstützen zu lassen, z.B. wenn die Co-Abhängigkeit schon seit langem besteht und du darunter leidest. Dennoch möchte ich ein paar Gedanken teilen, die hilfreich sind, um sich aus der Co-Abhängigkeit zu lösen (und das muss nicht zwangsläufig bedeuten, sich vom dem*der Partner*in zu trennen):

Sorgen loslassen – und gelassener werden

Unsere Tage sind vollgepackt, und das häufig nicht nur mit Aktivitäten und Aufgaben, die wir zu erfüllen versuchen, sondern darüber hinaus mit den Sorgen, die uns permanent beschäftigen. „Der Kuchen, den ich für eine Freundin backe, muss perfekt sein, sonst ist sie enttäuscht.“, „Wie lange halte ich dem Druck bei der Arbeit noch stand – aber wenn ich einen Urlaub beantrage, ist das Projekt gefährdet und mein Chef denkt, ich bin faul.“, „Ich muss mich unbedingt mal wieder bei meinen Eltern melden, die denken sonst ich habe sie vergessen.“, „Der Klimawandel wird immer schlimmer und wir können nichts dagegen tun.“

Solche oder ähnliche Sorgen können uns in einer Dauerschleife gefangen halten, die oft noch belastender ist, als unsere eigentlichen Aufgaben. Das Grübeln verbraucht so viel Energie, die uns für andere Dinge dann nicht mehr zur Verfügung steht. Häufig verlieren wir auch das Gefühl dafür, was wichtig ist und was nicht. Je mehr sich unser Blickfeld durch die Sorgen verengt, desto schwieriger erscheint es, aus dem Gedankenkarussell einfach auszusteigen. Und das obwohl wir wissen, dass viele der Sorgen irrational sind.

Die eigentliche Funktion unserer Sorgen und Ängste ist, uns wachsam werden zu lassen, und sie stellt uns Energie bereit, gegebenenfalls zu handeln und dadurch etwas Neues oder eine Veränderung zu schaffen, die wir anstreben. Zu viele Sorgen bewirken jedoch das genaue Gegenteil, sie blockieren und lähmen uns. Im Folgenden möchte ich daher Methoden und Übungen vorstellen, die hilfreich sind, um ein Übermaß der Sorgen zu stoppen und wieder handlungsfähig und gelassener zu werden.

1. Sich die Sorgen bewusst machen. Sich den Sorgen direkt zuzuwenden scheint das Gegenteil von dem zu sein, was wir uns wünschen, nämlich die Sorgen loszuwerden. Oft schwirren unsere Ängste jedoch nur halbfertig gedacht in unserem Kopf und wenn wir uns trauen, uns die sorgenvollen Gedanken einmal ernsthaft vor Augen zu führen und vollständig auszuformulieren, bemerken wir oft erst, dass sie irrational sind. Wir können uns fragen: Was könnte im schlimmsten Fall passieren? Wie wahrscheinlich ist das, was wir befürchten? Gibt es auch andere Möglichkeiten, wie es ausgeht? Das, was wir nicht sehen wollen, hat größere Macht über uns als das, was wir uns bewusst machen.

2. Es akzeptieren oder handeln. Wenn wir die Dinge (bzw. unsere Ängste) sehen können, wie sie sind, kann ein guter zweiter Schritt sein, sie zu akzeptieren, wie sie sind – die Umstände genauso wie unsere Ängste. Dabei hilft auch zu unterscheiden, welche Dinge ich beeinflussen kann und welche nicht in meiner Macht/Verantwortung stehen. Erkenne ich, dass ich etwas beeinflussen kann, kann ich mir überlegen, was meine nächsten Schritte sind und entscheide mich dafür, aktiv zu handeln. Falls ich nichts tun und verändern kann, sollte ich versuchen, es zu akzeptieren. Akzeptanz braucht häufig Zeit, man kann sie aber üben.

3. Stärke dein Selbstvertrauen! Der sorgenvolle Teil in uns flüstert uns oft zu: „das kannst du nicht.“, „dazu bist du zu klein/schwach/hilflos/unbedeutend.“, „das klappt ja nie.“ Erinnere dich daran, welche Probleme und Krisen du schon bewältigt hast, und sammle Beweise dafür, dass du stärker und mutiger bist, als dieser Teil es dir einflüstern will. Du könntest eine Liste schreiben mit schwierigen Situationen, die du schon gemeistert hast, und mit Erfolgen, auf die du stolz bist. Und du kannst in kleineren Situationen üben, die Herausforderung anzunehmen und durch sie hindurchzugehen. Erfolgserlebnisse, kleinere wie größere, stärken das Selbstvertrauen.

No pressure! Wie wir besser mit Druck umgehen können

Everything that costs you your peace is too expensive. (Unbekannter Verfasser)

Im Posteingang warten Emails, die beantwortet werden müssen, die Familie möchte, dass du dich mehr kümmerst, und dann rückt auch noch der Abgabetermin des Textes, den du fertigstellen wolltest, immer näher… So oder so ähnlich können die Umstände sein, in denen der Druck, die Dinge erledigen zu müssen, allmählich steigt. Wenn es zu viel wird, empfinden wir innere Anspannung, einen Druck im Magen oder eine imaginäre Last auf den Schultern. Dabei können äußere Faktoren ebenso eine Rolle spielen wie innere, wie z.B. Erwartungen an dich selbst.

Zu viel Druck kann belasten, uns blockieren und auf Dauer sogar gesundheitsschädlich sein. Was aber hilft, uns vom Druck zu befreien und gelassen an die Dinge heranzugehen? Im ersten Schritt geht es sicher darum herauszufinden, was genau den Druck auslöst, also die Frage: Was steht zwischen mir und meiner Gelassenheit/Freude/Entspannung? Gibt es die Möglichkeit, die Aufgaben im Außen anders zu planen, um uns zu entlasten, oder entsteht der Druck, weil wir zu viel Verantwortung übernehmen oder ein zu hohes Ideal erfüllen wollen (um andere nicht zu enttäuschen)?

„Ich sollte schneller und produktiver sein, sonst denken die Kolleg*innen schlecht von mir“, „lieber mache ich es selbst, dann wird es besser“, „ich sollte netter zu Tante Frieda sein, sie hat es doch so schwer“… können z.B. unbewusste Erwartungen an uns selbst sein. Wenn wir diese Überzeugungen identifizieren, sehen wir unseren eigenen Anteil klarer und erhalten dadurch wieder mehr Kontrolle zurück. Wir können beginnen, unsere Einstellung zu hinterfragen: Stimmt das? Wäre das schlimm? Welche Konsequenzen hat das für mich? Will ich das wirklich?

Wenn wir erkennen, dass wir zu viel Verantwortung für andere mit übernehmen, ist es vielleicht an der Zeit, uns mehr freizuschwimmen, die Verantwortung wieder mehr zu teilen. Wie wäre es, wenn wir dem Partner zutrauen würden, dass er oder sie es mindestens genauso gut machen wird, wie wir? Können wir uns darauf einlassen, auch wenn wir nicht wissen, wie der andere sich verhält? Können wir dem anderen vertrauen, auch wenn das Ergebnis vielleicht anders ist, als wir es erwarten?

Welche praktischen Möglichkeiten gibt es darüber hinaus, um uns vom Druck zu entlasten?

1. Freiraum schaffen

Wir können uns bewusst Zeit nehmen und in uns hineinspüren, wo wir den Druck gerade verspüren. Bemerken wir z.B. einen Knoten im Bauch, ein Druckgefühl im Magen oder ist es ein Gedanke im Kopf? Wenn möglich nehme es für einen Moment wohlwollend wahr, ohne etwas zu verändern. „Aha, da ist also…“ Dann entscheide dich in deiner Vorstellung bewusst, dieses Gefühl oder den Gedanken in einen guten Abstand zu dir zu bringen. Gib ihm einen guten Ort, an dem sich aufhalten/aufbewahrt sein kann, wie beispielsweise ein Platz im Regal, ein Kissen oder eine Schachtel. Wenn du es in deiner Vorstellung dort hingestellt hast, spüre nach, wie es sich jetzt innerlich anfühlt.

2. Achtsamkeit

Für Fortgeschrittene: Wie beim Freiraumschaffen geht es darum, die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken und das Druckgefühl im Körper zu lokalisieren. Ist es möglich, eine Weile einfach damit zu sein, nichts zu verändern, sondern einfach wahrzunehmen, was da ist? Was geschieht innerlich, wenn du mit deiner Aufmerksamkeit absichtslos in diesen Bereich bleibst? Verändert sich der Atem? Die Körperhaltung? Achte auf alle kleinen, feinen Veränderungen, die von selbst entstehen. Es ist möglich, dass sich dadurch von selbst etwas entspannt.

3. Innere Haltung

Wenn wir überzeugt sind, nicht gut genug zu sein, alles perfekt machen zu müssen oder die Erwartungen anderer erfüllen zu müssen, lädt uns das zusätzlichen Druck auf. Welche innere Einstellung hindert uns am meisten? Wie würde es aussehen/sich anfühlen, wenn wir diese Einstellung nicht hätten? Eine Möglichkeit ist, sich dies in der Vorstellung so anschaulich wie möglich auszumalen/es körperlich zu fühlen. Eine weitere Möglichkeit ist, eine neue Haltung zu finden, die uns besser unterstützt, den Druck herausnimmt. „Ich möchte diese Aufgabe heute noch erledigen, aber wenn es nicht klappt, ist morgen auch noch ein Tag.“, „Ich vertraue auf mich und meine Fähigkeiten“, „Ich nehme es leicht und spielerisch.“

4. Was ist wirklich wichtig?

Der Stimme des Körpers zuhören

Im Alltag sind wir es meist gewohnt, unsere Sinne nach außen zu richten, die Dinge in den für uns typischen Mustern zu erledigen und uns eher kognitiv leiten zu lassen. Unsere Gedanken und Meinungen zu etwas geben eine Richtung an. Sehr viel seltener richten wir unsere Wahrnehmung nach innen, in unseren Körper, und hören aufmerksam zu, wie unser Körper gerade gestimmt ist oder auf die aktuelle Situation reagiert. Obwohl es mittlerweile populär ist, vom „Bauchhirn“ mit seinen etwa hundert Millionen Nervenzellen zu sprechen, achten wir den größten Teil des Tages nicht auf unsere Köperempfindungen.

Wenn wir unsere Wahrnehmung zu sehr nach außen richten, kann es passieren, dass wir den Kontakt zu uns selbst verlieren und zu sehr darauf hören, was „man“ bzw. Andere für richtig halten. Oder wir verlieren uns in vielen Ideen, ohne so recht zu spüren, was wir eigentlich wollen. Dabei wissen wir meist, dass nicht nur der Kopf einverstanden sein, sondern auch das Körpergefühl stimmig sein muss, damit wir uns mit unserem Handeln und unseren Entscheidungen wohl fühlen. Es lohnt sich, innezuhalten und zu erforschen, wie unser Körper reagiert – vor allem, wenn wir selbstbestimmt leben wollen.

Wie kann das aussehen? In welchen Situationen ist es hilfreich, den Signalen des Körpers aufmerksam zuzuhören? Es gibt mit Sicherheit verschiedene Wege, um wieder in Kontakt mit unserer inneren Stimme zu kommen. Und das nicht erst nach einer zehnjährigen Meditationspraxis. 😉 Es kann uns in allen möglichen Situationen helfen, beispielsweise wenn wir überfordert sind, eine Entscheidung treffen wollen, überwältigende Gefühle haben, bei Konflikten, wenn unsere Kreativität wieder fließen soll, oder wir uns aus einer negativen Gedankenspirale befreien wollen.

Eine Möglichkeit, die ich vor allem empfehle, wenn wir überfordert sind oder von Gefühlen überwältigt werden, ist die achtsame Wahrnehmung von dem, was ist. Das ist vielleicht die Basis-Übung, mit der wir wieder in Kontakt mit unserem Körperempfinden kommen und unsere Aufmerksamkeit wieder in uns selbst verankern können. Schritt 1: Innehalten, vielleicht einmal Durchatmen – Schritt 2: Lokalisieren: Was in meinem Körper braucht gerade meine Aufmerksamkeit und wo nehme ich es wahr? – Schritt 3: eine Zeit lang damit verweilen, es aufmerksam beobachten, ohne etwas zu verändern.

Indem wir uns diese Zeit gönnen und den Empfindungen und Gefühlen in unserem Körper Aufmerksamkeit schenken, kann sich womöglich schon etwas ein klein wenig verändern oder lösen. Das ist jedoch nicht das Ziel, sondern genießen Sie einfach die kleine Zeit, die Sie sich für sich selbst genommen haben…

Im Focusing nach Eugene T. Gendlin arbeiten wir mit dem Felt Sense, der über ein Gefühl im Körper (z.B. Ärger, Aufregung, Trauer) oder die unmittelbare Körperempfindung (z.B. Druck im Bauch, Spannung im Nacken) hinausgeht. Der Felt Sense ist eine Art Hintergrund-Erleben (neurobiologisch gesprochen), die somatische Resonanz auf ein Thema oder eine Wahrnehmung. Er ist noch kein bestimmter Gedanke, kein Bild oder ein identifizierbares Gefühl. Vielmehr ist er die noch vor-begriffliche, unbestimmte innere Ganzheitswahrnehmung eines Themas.

Jüngere Ichs/Anteile kennenlernen – ein Zugang zu den „inneren Kindern“

Sinn nach Viktor Frankl

  • Viktor Frankl, „…trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager. München, 2018.
  • Viktor Frankl, „Das Leiden am sinnlosen Leben. Psychotherapie für heute,“ Freiburg, Basel, Wien, 1997.

Zum Umgang mit dem inneren Kritiker

Wir alle kennen diese fiese innere Stimme, die uns regelmäßig mit Selbstvorwürfen und Zweifeln attackiert: „Ich schaffe das sowieso nicht.“, „Ich kann mich selbst nicht leiden, wenn ich mich so vernachlässige.“ „Ich kann mich einfach nicht gut genug ausdrücken!“ und so fort. Sie kann uns das Leben und die Beziehung zu uns selbst ganz schön schwer machen und uns in entscheidenden Momenten blockieren, uns minderwertig fühlen lassen und auch die Beziehung zu anderen stören.

Oft sind uns die Botschaften des inneren Kritikers schon so vertraut, dass wir gar nicht merken, wie hart wir gegen uns selbst vorgehen. Wir halten die innerlichen Bewertungen und Urteile, die sich unablässig wiederholen, für die Realität. Deshalb ist der erste Schritt, um sich aus dem ‚Klammergriff‘ des inneren Kritikers zu befreien, ihn sich bewusst zu machen – und als einen Teil von uns zu identifizieren. Denn der innere Kritiker ist nicht die „Stimme der Wahrheit“, sondern eine früher einmal entstandene kreative Strategie, die uns damals als hilfreich erschienen ist.

Es kann sein, dass wir damit unbewusst die strengen Aussagen eines Elternteils imitieren, weil wir uns als Kinder erhofft haben, dadurch die Liebe unserer Eltern zu erhalten, oder weil wir gelernt haben, dass wir etwas leisten müssen, um anerkannt zu werden. Die Kritikerhaltung diente uns als Schutz, um unangenehme Erfahrungen vorwegzunehmen oder zu vermeiden. Häufig ist es aber auch nicht nur die Stimme einer Person, die wir übernommen haben, sondern eine Mischung aus verschiedenen Stimmen oder auch eine unausgesprochene Atmosphäre.

Relativ leicht lässt sich der Kritiker dadurch identifizieren, dass in seinen Botschaften häufig die Worte „müssen“ oder sollen“ vorkommen: „Ich muss diese Aufgabe perfekt zu Ende bringen.“, „Ich sollte viel mehr schaffen/leisten; dann erhalte ich die Anerkennung wichtiger Personen.“ Automatisch entsteht ein Gefühl der Unfreiheit und Ohnmacht. Durch ein solches Selbstgespräch wird man selbst wieder in die Rolle des Kindes zurückversetzt, das sich mit den Erwartungen von außen identifizierte.

Wie lässt sich die Beziehung zum inneren Kritiker verändern und verbessern?

Wenn wir den inneren Kritiker erkannt haben – welche Möglichkeiten gibt es für einen besseren Umgang?

1. Die Stimme lokalisieren. Wenn wir die kritische, abwertende Stimme bemerkt haben, können wir uns fragen, aus welcher Richtung wir sie wahrnehmen. Hören wir sie eher von außen oder aus dem Kopf oder Körper? Kommt sie von vorne oder von hinten, ist sie eher seitlich, aus einer höheren oder tieferen Perspektive wahrnehmbar? Indem wir die Stimme verorten, nehmen wir sie als „etwas“ und als Gegenüber wahr und lösen uns bereits etwas von einer Identifikation mit ihr.

2. Einen guten Ort für den Kritiker finden. Zunächst können Sie die Stimme freundlich begrüßen. Das ist ihr Kritiker nicht gewohnt und allein dadurch wird ihm schon ein wenig Wind aus den Segeln genommen. Sie können ihn auch für eine Weile in ihrer Vorstellung an einen guten Ort senden. Wo würde er sich wohl fühlen? Vielleicht könnte er eine Weile eine komplizierte Rechenaufgabe lösen oder an ihrem Schreibtisch bei der Arbeit am nächsten Text feilen… Probieren Sie aus, was möglich ist und welcher Ort am besten für ihn passt. Damit haben Sie sich für eine vereinbarte Zeit etwas Abstand zu ihm verschafft.

Sollten die ersten beiden Schritte nicht sofort klappen, seien Sie bitte nicht streng mit sich. Vielleicht fällt es ihnen leicht, mit Ihrem inneren Kritiker in Kontakt zu kommen und ihn an einen guten Ort zu versetzen – oder vielleicht sind dafür ein längerer Prozess oder die Arbeit mit einem Therapeuten notwendig. Dieser Beitrag möchte lediglich erste Anregungen geben.

3. Einen Dialog mit dem inneren Kritiker beginnen. Statt sich zu wünschen, den inneren Kritiker für immer loszuwerden, können Sie auch mehr über ihn in Erfahrung bringen. Da er ein Teil von Ihnen ist, lohnt es sich wahrscheinlich, ihn besser kennenzulernen und eine freundliche, annehmende Haltung zu ihm einzunehmen. Statt gegen ihn anzukämpfen, lernen Sie die Energie kennen, die in ihm steckt. Mögliche Fragen sind:

  • Wie lange gibt es dich schon?
  • Wozu bist du da? Was ist deine Aufgabe in meinem Leben?
  • Wie würde mein Leben ohne dich aussehen?
  • Was würde passieren, wenn es nur dich gäbe? Wie wäre mein Leben dann? …

Bei dem Dialog mit der inneren Stimme geht es weniger darum, die Fragen vom Verstand her zu beantworten. Wenn Sie in Kontakt mit Ihrer kritischen inneren Stimme sind, lassen Sie sich Zeit, lenken Sie Ihrer Aufmerksamkeit nach innen und warten Sie eine Weile ab, welche Antworten von dort heraus entstehen. Möglicherweise ist diese Vorgehensweise ungewohnt und braucht Übung oder eine Begleitung. Aber die Zeit und Aufmerksamkeit, die Sie Ihrem Kritiker/Ihrem inneren Anteil schenken, zahlt sich aus, wenn dieser Teil wahrgenommen wird.

4. Den inneren Teil anerkennen und wertschätzen. Wenn Sie mehr über den inneren Kritiker erfahren, wenn Sie etwas über seine ursprüngliche Funktion herausfinden, wird dies vermutlich etwas an Ihrer Beziehung zu ihm verändern. Sie haben die Chance zu entdecken, was das Gute ist, das der Kritiker Ihnen zu bieten hat. Wenn es möglich ist, bleiben Sie einen Moment dabei und erkennen Sie an, dass er früher einmal oder auch jetzt noch eine wichtige Funktion für Sie hatte bzw. hat… Wenn Sie diese Aufgabe Ihres Kritikers wahrnehmen und eventuell sogar wertschätzen können, befreien Sie sich von seinen Attacken und wird Weiterentwicklung möglich.

  • Ann Weiser-Cornell, Focusing – Der Stimme des Körpers folgen. Anleitungen und Übungen zur Selbsterfahrung, Reinbek bei Hamburg 1997.
  • Klaus Renn, Magische Momente der Veränderung. Was Focusing bewirken kann, München 2016.

Ich bin genug – Wege raus aus dem Perfektionismus

Perfektionismus ist heute ein so weit verbreitetes Phänomen, dass es schwerfällt, das dahinter liegende Muster einfach so abzustreifen. Wir erwarten von uns selbst nicht einfach nur gute, sondern die allerbesten Ergebnisse, damit der Chef oder die Kollegen uns anerkennen und wir mit uns selbst zufrieden sein können. Statt uns selbst und unser Aussehen zu akzeptieren, wie wir sind, quälen wir uns mit Selbstvorwürfen und Zweifeln. Die Arbeit an dem neuen Konzept oder unserer Website schieben wir immer weiter auf und fühlen uns blockiert, weil wir eine viel bessere Vision vor Augen haben, die wir erreichen könnten.

Ein gesundes Maß an Perfektionismus ist durchaus unproblematisch: Ansprüche an uns selbst können uns dazu bringen, beruflich erfolgreich zu sein, unsere persönlichen Ziele zu erreichen und uns weiterzuentwickeln. Schwierig wird es erst, wenn die Maßstäbe, die wir an uns selbst oder die Erfüllung unserer Aufgaben richten, unrealistisch werden. Wenn wir also nicht mehr nur gute oder sehr gute Ergebnisse erzielen wollen, sondern perfekte Ergebnisse abliefern wollen. Wenn wir selbst (unser Aussehen, unsere Familie, die Ordnung in unserer Wohnung etc.) vollkommen sein müssen, bevor wir mit uns zufrieden sein können.

In diesem Fall verursacht das Streben nach Perfektionismus viel inneren Druck, der dazu führen kann, dass wir uns gestresst oder deprimiert fühlen, dass sich unsere Angst verstärkt, Fehler zu machen, und wir meinen, immer mehr leisten zu müssen – so dass wir uns wie in einem Hamsterrad gefangen fühlen, zwischen dem Anspruch, mehr zu erreichen, und dabei aber nie anzukommen bzw. vor uns selbst zu genügen. Auf Dauer können solche extremen Ansprüche gesundheitsschädigend wirken und Ursache für Depressionen, Burn-out u.a. sein. Das hohe gesellschaftliche Leistungsideal trägt einen Teil dazu bei, solche überhöhten Maßstäbe aufrechtzuerhalten.

Im Kern steckt in den perfektionistischen Ansprüchen häufig eine Versagensangst, die jedoch leider immer größer wird, je mehr wir versuchen, uns vor Fehlern zu schützen und sie zu vermeiden. In manchen Fällen führt die Angst zu versagen sogar so weit, dass wir warten, bis die perfekten Voraussetzungen für perfekte Handlungen gegeben zu sein scheinen: Wir geben den Artikel erst ab, wenn der Text perfekt formuliert ist, bewerben uns erst für die spannende neue Stelle, wenn wir sicher sind, alle Anforderungen zu erfüllen – und warten damit unter Umständen so lange, bis uns ein grauer Bart gewachsen ist, oder beenden die Aufgabe vielleicht sogar nie.

Wege aus dem Perfektionismus

Was also hilft uns, die Blockade zu überwinden und einen unförderlichen Perfektionismus abzulegen? Einsicht ist der erste Schritt zur Veränderung und wenn wir also erkennen, dass wir bereits in der Perfektionismus-Falle stecken, gibt es kreative Möglichkeiten, um dem zu entgehen und uns den Perfektionismus abzugewöhnen.

1. Eine förderliche Haltung entwickeln: Oft erzählen wir uns unbewusst selbst, dass wir nicht genügen, perfekt sein müssen, oder vergleichen uns selbst mit anderen. Manchmal wiederholen wir damit die Meinung oder Ansprüche unserer Eltern oder etwas, das wir meinen, das andere über uns denken. Welche innere Haltung oder Einstellung würde Sie stattdessen mehr unterstützen? Vielleicht: „So wie ich bin, genüge ich.“ oder „Ich bin auch liebenswert, wenn ich nicht perfekt bin.“ Finden Sie einen Satz, der Ihnen am meisten gefällt, und machen Sie ihn zu Ihrem neuen Mantra.

2. Selbstakzeptanz: Wahrscheinlich das stärkste Mittel gegen den Druck, perfekt sein zu wollen, ist, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist. Wie würden Sie einen guten Freund oder eine gute Freundin behandeln, wenn Sie Ihnen von ähnlichen Schwierigkeiten erzählen würde? Können Sie eine mitfühlende, akzeptierende Haltung sich selbst gegenüber entwickeln? Hilfreich ist die innere Einstellung: „Ich bin okay, so wie ich bin.“ oder auch „Ich bin okay, auch der Text noch Fehler hat, die Wohnung unaufgeräumt ist, ich noch nicht alle Emails beantwortet habe o.ä.“

3. Die eigenen Ansprüche senken (und Ideale entlarven): Am meisten blockieren uns unsere eigenen bewussten oder unbewussten Ansprüche. Meist fordern wir dabei 100 oder sogar 120 Prozent von uns. Dagegen können wir uns selbst fragen: „Wer erwartet das eigentlich von uns?“, und unsere Idealvorstellung mit realistischen Maßstäben überprüfen. Sehr wirkungsvoll ist, statt immer nur das Ziel oder Ergebnis im Blick zu haben, uns nur auf den nächsten kleinen Schritt zu konzentrieren. Dadurch senken wir unsere Ansprüche an uns selbst und ein großer Teil des Drucks fällt von uns ab.

4. Sich Fehler erlauben: Üben Sie sich darin, einen gelasseneren Umgang mit Ihren Fehlern zu finden. Wichtig ist nicht, sich keine Fehler zu erlauben, sondern häufig lernt man gerade am meisten aus Fehlern und hat später immer noch die Möglichkeit, sie zu korrigieren, sich zu entschuldigen oder sie einfach als „Erfahrung“ zu verbuchen. Oft ist passiert viel weniger, wenn wir einen Fehler gemacht haben, als wir befürchten. Probieren Sie es aus: Machen Sie absichtlich Fehler. Wahrscheinlich machen Sie die Erfahrung, dass die Welt davon nicht untergeht – und entdecken vielleicht Überraschendes.

Wie wir miteinander reden – Grundlagen der Transaktionsanalyse

Menschliche Kommunikation verläuft nicht immer leicht und harmonisch, sondern kann je nach unserem momentanen Zustand und unseren Verhaltensmustern komplex und herausfordernd sein. Eine scheinbar harmlose Frage wie beispielsweise: „Was hast du dir dabei gedacht?“ kann je nach Situation und Zustand sehr unterschiedlich aufgefasst werden: als freundlich interessierte Nachfrage ebenso wie als Bevormundung… Die Transaktionsanalyse, die 1964 von Eric Berne begründet wurde, ist ein psychologisches Modell, das die Kommunikation zwischen Erwachsenen untersucht und dabei verschiedenen Ebenen unterscheidet.

Die Einsichten der Kommunikationsanalyse können uns helfen, unsere Kommunikation besser zu verstehen und – wenn wir es möchten – unsere Kommunikation ehrlicher und wertfreier werden zu lassen.

1. Grundannahmen der Transaktionsanalyse:

Ich bin o.k. / Du bist o.k. Nach Bernes Modell ist der Menschen in seiner Existenz und Geburt grundsätzlich in Ordnung. Im Vordergrund steht dabei der Wert des Menschen, der unabhängig ist von seinem Verhalten, seinen Leistungen und Fähigkeiten.

Auch Menschen mit emotionalen und seelischen Leiden sind vollwertige, intelligente Menschen. Egal, welche Probleme und Leiden ein Mensch zu bewältigen hat, ist er seinem Wesen nach in Ordnung. Daraus resultiert für Psychologen ein respektvoller Umgang mit den Klienten auf Augenhöhe.

Der Mensch hat die Fähigkeit, seine emotionalen und seelischen Probleme zu lösen bzw. verfügt über die notwendigen Fähigkeiten, um sein Leben in die Hand zu nehmen und positiv zu gestalten.

Von diesen Grundannahmen ausgehend entwickelte Berne ein Modell, das Kommunikation als ein Hin und Her von Informationen und Wahrnehmungen zwischen Menschen beschreibt (z.B. Worte, Stimme, Körperhaltung, Mimik, Gestik). Diese können sehr unterschiedlich interpretiert werden, je nachdem, in welchem Zustand sich die Person befindet.

2. Verschiedene Zustände in der Kommunikation:

Um die vielen verschiedenen Zustände und Interpretationsweisen besser begreifbar zu machen, die in unserer Kommunikation meist unbewusst ablaufen, unterscheidet Berne in seinem Modell der Transaktionsanalyse zwischen drei Kategorien, aus denen heraus ein Mensch agieren kann.

Diese drei Ich-Zustände sind:

Das Eltern-Ich: Die beteiligte Person spricht ihr Gegenüber aus der verinnerlichten Eltern-Perspektive an, d.h. sie korrigiert, spricht bevormundend oder fürsorglich mit der anderen Person. Nach Bernes Auffassung trägt jeder Mensch in seinem Inneren seine Eltern mit sich herum.

Das Erwachsenen-Ich: Die Erwachsenen-Perspektive ist Grundlage für eine reife und respektvolle Kommunikation, wie man sie von einem Erwachsenen erwarten kann. Sie entspricht einem weitestgehend sachlichen und objektiven Standpunkt.

Das Kind-Ich: Ebenso wie die Eltern-Perspektive tragen wir nach Bernes Modell auch die Perspektive des Kindes, das wir einmal waren, noch in uns. Das Kind-Ich hat häufig eher alberne, fantasievolle, trotzige oder unsichere Qualitäten in der Kommunikation.

In welchem Zustand wir uns gerade befinden bzw. aus welcher Perspektive wir gerade sprechen ist uns oft nicht bewusst – deshalb ist es oft schon sehr erhellend, den aktuellen Zustand bei sich zu hinterfragen und aufzudecken. Beispielsweise finden wir heraus, dass in der Kommunikation mit unserem Vorgesetzten unser Chef häufig aus der strengen Eltern-Ich-Perspektive argumentiert und wir daraufhin in die Kind-Perspektive fallen. Dabei wäre es angemessener, Augenhöhe herzustellen. Oder in unserer Partnerschaft sind die Rollen immer gleich verteilt, obwohl es nicht unseren Bedürfnissen entspricht.

3. Formen der Transaktion

Die Ich-Zustände können wechseln und im Austausch zwischen den Gesprächspartnern können sich jeweils unterschiedliche Perspektiven kreuzen. Das Modell geht von drei grundlegenden Transaktionen aus:

Komplementäre Transaktionen: Wenn die Kommunikation relativ reibungslos verläuft und die Ich-Zustände der Gesprächspartner gleich sind oder sich ergänzen, spricht man von komplementären Transaktionen. Beispielsweise wenn eine Person darum bittet, einen Termin zu verschieben und die zweite Person stimmt dem zu (beide im Erwachsenen-Ich); oder wenn ein Elternteil ein Kind auffordert, sich zu beeilen und das Kind antwortet: „Ich will heute aber nicht in den Kindergarten.“ (die Personen sind im Eltern- bzw. Kind-Ich).

Gekreuzte Transaktionen: Gekreuzte Transaktionen finden statt, wenn die Erwartung, mit der eine Person die andere anspricht, nicht eingehalten wird. Beispielsweise wenn eine Person das Erwachsenen-Ich der andern anspricht, diese darauf aber im Kinder-Ich reagiert: „Würden Sie bitte Ihren Wagen woanders parken?“ – „Darauf habe ich keine Lust. Parken Sie doch woanders!“

Verdeckte Transaktionen: Bei verdeckten Transaktionen wechseln die Ich-Zustände; d.h. die Kommunikation findet auf mehreren Ebenen statt. Teile der Transaktionen sind dabei offen, andere bleiben verdeckt und das Gesagte entspricht nicht dem Gemeinten. Beispielsweise wenn ein Gesprächspartner fragt: „Hast du mir meine Lieblingsschokolade mitgebracht?“ (Erwachsenen-Ich) Die eigentliche Aussage ist aber: „Hast du an mich gedacht?“ (Kinder-Ich) und die zweite Person antwortet: „Es muss noch welche vom letzten Einkauf da sein.“ (scheinbare Antwort im Erwachsenen-Ich; der Tonfall entspricht aber eher dem Eltern-Ich zu einem Kinder-Ich).